Varoufakis-Fake-Fake

Ich muss ja zugeben, dass ich so ein bisschen in Jan Böhmermann und das Team des NEO Magazins verliebt bin.

Besonders schön finde ich es, wenn Moderatoren den Mumm haben, ihre eigenen Zuschauer zu verarschen zur Reflexion zu bringen:

Am Sonntag war Yanis Varoufakis, Minister of Awesome, bei Jauch zugeschaltet. Dort wurde er auf den mehr oder weniger aus dem Zusammenhang gerissenen Stinkefinger angesprochen, den er beim Subversive Festival 2013 gezeigt hat. Varoufakis hat knallhart klargestellt, dass das Video ein Fake ist.

Das ist dann wohl das, was man als Steilvorlage für Satiriker bezeichnet. Im Weiteren folgt also meine persönliche Verschwörungstheorie :)

Am Mittwoch Abend hat das NEO Magazin nämlich folgendes Video online gestellt: Hashtag der Woche: #varoufake. Darin stellen Sie klar, dass das Mittelfinger-Video von ihnen ist und es alle Welt fälschlicherweise als Original ansieht.

Das Team des NEO Magazins hat sich dazu das originale Video des Subversive Festivals 2013 geschnappt und genau angesehen:
https://www.youtube.com/watch?v=MEUWxNifJJ8&t=2407

Was zum einen auffällt, sind diese roten Frames zwischendurch. Kann bei so einer Live-Aufzeichnung mit Amateur-Equipment vorkommen. Im Video des NEO Magazins wurden ebenfalls rote Frames eingebaut. Cleverer Schachzug: Man könnte nun vermuten, dass das Varoufakis-Video ebenfalls vom NEO-Magazin überarbeitet wurde und deswegen in beiden Videos die Frames auftauchen (sei es nun um ein Hinweis zu setzen, dass man es wirklich war; oder so zu tun, als ob die eigene Videosoftware irgendeinen Bug hätte. Beides im Grunde irgendwie absurd).

Das Varoufakis-Video wurde erst am 12. Februar 2015 auf YouTube hochgeladen veröffentlicht. Immerhin fast 2 Jahre nach der Konferenz. Ob das nun Zufall ist oder das NEO Magazin vielleicht tatsächlich Kontakt zu den Betreibern des Kanals hat – keine Ahnung. Aber es spielt dem Team des NEO Magazins natürlich in die Hände. Es ist ein schönes Argument dafür, dass man das Video erst kürzlich gefälscht und hochgeladen hat. [Update: Wenn man auf dem YouTube-Video auf More→Statistics klickt, sieht man allerdings „TIME WATCHED: 344 days“. Nach einer Diskussion im Google Productforum ist dies ein bekanntes Verhalten, wenn man ein Video zuvor nicht öffentlich gelistet hatte. (Danke an Ein_Schelm.)]

Für eine Analyse am interessantesten und stichhaltigsten sind aber ein paar Frames um ca. 2:15 aus dem NEO-Magazin-Video. Dort ist das scheinbar echte Video (d.h. ohne Stinkefinger) in voller Auflösung zu sehen. Perfekt um es sich genauer anzuschauen:

Varoufakis-Fake-Fake

Das Video habe ich mal noch auf 15% verlangsamt und zum selbst-anschauen auf YouTube geladen: https://www.youtube.com/watch?v=Yg7anGkUi6Q

Im 1. Frame sehen wir, dass Varoufakis das Kabel des Mikrofons ganz typisch einmal zu einer Schlaufe geschlagen hat. Im 2. Frame geht das Kabel ganz simpel nach unten. Diese beiden Frames dienen als Referenz für die nachfolgenden. Im 3. Frame sind nämlich zwei Kabel zu sehen. Im 4. und 5. Frame sind bei der Schlaufe zwei Kabel zu sehen. Im 6. Frame dann nur noch eines. [Edit: Sorry, das bei Frame 4, 5 und 6 ist zu ungenau und wahrscheinlich einfach nur die Manschette.] Schade eigentlich – da hätte man im Grunde noch einmal genauer hinschauen und retuschieren können. :-( Allerdings stand das Team auch unter gewissem Zeitdruck (oder sie wollten es nicht übertreiben ;-)).

Ich hoffe dennoch, dass dieser Fake-Fake große Wellen über das NEO Magazin hinaus schlägt. Die eigenen Zuschauer haben Böhmermann und sein Team immerhin schon mal veräppelt – ich bin gespannt ob, wann und wie sie das auflösen. Richtig witzig wäre natürlich, wenn der „Fake“ breiter von den Medien rezipiert wird und dann einmal so richtig alle verwirrt. Wie es auch kommt: Das war sehr großartig – und sei es nur, um die eigenen Zuschauer vorzuführen. Danke, Jan Böhmermann, danke NEO Magazin-Team. Bitte noch mehr Irritation!

10 Kommentare

  1. Er hat das Kabel doch zwischen seinen Fingern noch mal nach oben laufen lassen. Es läuft dann auch nochmal vor dem Hemd einmal runter.

  2. Äh sorry aber du hast es nicht verstanden. Es ist kein Fake-Fake, das bearbeitete Video wurde über die subersive-Organisatoren hochgeladen und hat das Original ohne Stinkefinger ersetzt. Varoufakis hat niemandem den Stinkefinger gezeigt und Jan Böhmermann ist genial

  3. Und wer sagt uns jetzt, dass das mit den Kabeln nicht auch mit Absicht gemacht haben, damit Internet-Detektive wie ihr, Fake-Fake-Artikel schreibt? #varoufakefakefake

  4. Ääähm…. in den roten Kreisen verdoppelt sich NICHTS.
    Das Kabel geht einmal hoch und macht in seiner Hand eine Schlaufe. Auf allen 3 Bildern. WAHNSINNS-BEWEIS. Nicht.

  5. Ich kann da keine „verräterische“ Verdopplung des Kabels erkennen – vielmehr ist doch klar zu sehen, dass das Kabel unter dem Mikrofon eine Schlaufe macht, weil es noch von der Hand gehalten wird, bevor es nach unten verläuft. In den unteren zwei Bildern ist doch lediglich diese Schlaufe rot eingekreist: wieso soll das ein Zeichen für Bearbeitung sein?

  6. Deine analyse halte ich für falsch. Ich finde es ist eigentlich ganz gut zu erkennen, dass Herr Varoufakis das Kabel des Mikrofons in der Hand hält. Dadurch verläuft es aus dem Mikro heraus, macht eine Schleife nach oben, um seinen Daumen und führt nach unten auf den Boden. Deshalb sieht man auf dem Bild drei Kabel zwischen den Händen und ein Kabel unter dem unteren Bild. Ich denke also deine Analyse ist falsch und sollte korrigiert werden.

  7. Die Frames sind so ohne Kontext in der Tat leider nicht nachvollziehbar. Ich hätte noch die Frames davor und danach einfügen müssen. Auf denen ist dann nämlich die Dopplung nicht mehr vorhanden.
    Sorry, da habe ich die Perspektive des Lesers nicht beachtet und einfach geschlampt! Die fehlenden Frames vorne und hinten habe ich jetzt hinzugefügt.

    1. Auch mit den Vorher-Nachher-Bildern ekenne ich – selbst bei größter VErgrößerung – keine eindeutige „Doppelung“. Da ist viel interpretationsspielraum durch den Faltenwurf auf Varoufakis Hemd, seine Knopfleiste und eine Menge „animation blur“…..

      Gegen eine Manipulation würde z.B. sprechen, dass beim zweiten Bild von oben das Mikrophonkabel durch die verschwommene Hand durchscheint – das mag zwar realistisch mit Unschärfe und Belichtungszeiten erklärbar sein – das hätte aber einen Special-FX-Designer vielleicht so nicht gemacht – „animation blur“ hin oder her – hier wäre wohl weniger opacity angewendet worden.

      Es bleibt spannend.

Schreibe einen Kommentar zu HunterAdams Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert